Im Alpen Feuilleton: Was kommt nach der Generation Y? Was kommt nach der Generation Z? Und was kommt eigentlich nach den Hipstern? Diese Fragen stellen sich Zukunftsforscher und Medien gleichermaßen. Wohin entwickelt sich die Jugend?
Von Felix Kozubek
Es ist immer leichter aus etwas heraus zu schreiben, als über etwas. In diesem Fall kann ich es sogar gleich doppelt tun. Ich schreibe als Teil einer Generation, sprich aus der Generation heraus und tue dies aus einer Mischung aus Angst, Ekel und Staunen. Denn meine Generation ist die Ego-Generation.
Noch nie ging es uns so gut. Die Generation unserer Großeltern hat den großen Krieg miterlebt und die Generation unserer Eltern die Zeiten danach. Wir hingegen sind Wohlstandskinder. Wohlstandskinder, die sich in ein mehr oder weniger gemachtes Nest setzen, ausruhen und darüber nachdenken können, welchem Tagtraum sie als nächstes nachjagen wollen. Die größten Probleme mit denen wir uns beschäftigen, sind keine essentiellen, keine von allgemeiner Gültigkeit, keine gesellschaftlichen, keine die die Welt betreffen, es sind Ego-Probleme. Reine Ego-Probleme. Sitzt meine Hose oder betont sie die falschen Stellen? Ist im Chai Latte auch wirklich Sojamilch? Erfüllt mich mein Studium? Kann ich mich im Job selbst verwirklichen?
In letzter Zeit springt mir ein neues, angesagtes Selbstverwirklichungsprojekt nach dem anderen ins Gesicht. Da werden Pop-up-Stores eröffnet, damit sich urbane Mädchen aus der Provinz wie Künstlerinnen fühlen können. Da werden Hochglanzmagazine produziert, damit sich unterforderte Studenten wie Medienmagnaten fühlen können. Da werden hippe Imbissbuden eröffnet, damit junge Pseudo-Aussteiger ihren Brotjob sausen lassen können. Da wird Ramsch auf Vintage Flohmärkten und selbst gebasteltes Glump auf Kunst- oder Designmärkten verkauft. Da werden Labels gegründet und Events veranstaltet, die die eigene Szene feiert, als wäre David Bowie auferstanden und hätte mit Beyoncé gemeinsam ein Yoga-Music-Festival für Selbstfindungsprinzen und -prinzessinnen gegründet.
Politisch ist man nur dann, wenn es dem eigenen Ruf und der eigenen Marke dient. Meine Generation ist nicht mehr aus Überzeugung politisch links, sondern weil das zum Image gehört. Meine Generation ist auch nicht aus Überzeugung konservativ, sondern weil Anzug, Segelschuhe und Fliege tragen eben einen gewissen Lifestyle bedeutet. Prominente Vertreter unserer Generation sitzen in Talkshows und erklären rotzfrech, dass sie von Arbeit nicht viel halten. Wer braucht schon einen festen Job, dem er jeden Tag zwischen 8 und 18 Uhr nachgeht? Richtig, niemand! Unsere Generation ist die erste, die es schaffen wird sich von dieser lästigen Fessel zu befreien. Scheiß egal, was alle sagen. Können ja wir nichts dafür, dass die früher hart arbeiten mussten. Nicht mit uns. Ehrliche Arbeit ist etwas für Spießer, tönen die Parolen.
Anders betrachtet. Wir trauen uns Dinge, von denen die Generationen vor uns nicht einmal geträumt hätten. Wir stellen klassische Berufs- und Rollenbilder in Frage. Auch die 40-Stunden-Woche ist vor uns nicht sicher. Unser persönliches Glück soll nicht vom Gehaltsscheck, nicht vom Titel auf der Visitenkarte und nicht vom Lob des Chefs abhängen. Ja, wir sind die Ego-Generation, die auf sich schaut und Altes neu denkt. Wir können mit politischem Lagerdenken nichts mehr anfangen und bleiben unvorhersehbar, launisch. Sollen doch manche denken wir seien selbstgerecht, selbstüberschätzt und nur auf uns selbst fokussiert.
Wir dürfen dabei nur nicht vergessen, dass mit dem Wohlstandskinder-Status eine Verantwortung einhergeht, auf uns warten große Herausforderungen. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass diese neue Fokussierung, diese neuen Werte manch einem Angst machen könnten. Und wir dürfen nicht die Bodenhaftung verlieren und anfangen uns abzuschotten. Wir dürfen keine in sich geschlossene Szene werden, die die eigenen Codes, Bands, Labels, Werte und Projekte feiert und jede Nachfrage von außen abblockt, als lächerlich und altbacken abtut. Ansonsten wird aus der Ego-Generation, die die einmalige Chance hat, das Glück des einzelnen als oberstes Gut anzuerkennen und neue Lebensmodelle zu schaffen, schnell die rücksichtslose Arschloch-Generation, die nur sich selbst im Blick hat und der alles andere egal ist. Da könnte man es dann nämlich wirklich mit der Angst zu tun bekommen oder angeekelt staunen.
http://www.alpenfeuilleton.at/2016/05/glosse-jugend-generation-ego/